Babyrassel, Gehänge mit drei Glöckchen und Pfeife, Deutschland, letztes Viertel 19. Jahrhundert, Silber und Elfenbein, Westfälisches Glockenmuseum Gescher, Inv. Nr. 92/631.
© Stadt Gescher
Rasseln: Spielzeug und Glücksbringer
Glöckchen und Rasseln als Spielzeug kleiner Kinder sind uns bis heute in unserem Alltag vertraut. Tatsächlich besitzen sie eine lange Geschichte und sind in allen Kulturen verbreitet. Die ersten einfachsten Formen der Rassel waren Fruchtkapseln mit Samenkörnern. Auch aus Ton oder Weidengeflecht wurde über Jahrhunderte klingendes Spielzeug gefertigt. Glocken wiederum sind seit 5000 Jahren in Gebrauch und galten schon seit dem Altertum als Glücksbringer. In frühen Kinderbildnissen sehen wir die Jüngsten bereits mit Schellen und Glöckchen, die das Kind unterhalten, aber auch Unheil von ihm abwenden sollten. Auch in der Wöchnerinnenstube vertraute man auf Glöckchen als Amulette, um einen glücklichen Geburtsverlauf angesichts der hohen Säuglings- und Müttersterblichkeit zu unterstützen.
Wertvolle Prestigeobjekte
Die Rasseln, die im Westfälischen Glockenmuseum ausgestellt sind, stammen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Sie sind aus Silber gefertigt und besitzen einen Beißring aus Bein oder Elfenbein. Diese Preziosen sind nicht nur ein Spielzeug, sondern in ihrer aufwendigen und kostbaren Gestaltung auch Prestigeobjekt. Elfenbein, Perlmutt und Koralle sind typische Materialien für Familien von hohem Stand. Sie sollten Linderung beim Zahnen verschaffen, da man ihnen heilende Wirkung zuschrieb. Auch von ihnen versprach man sich, wie von den Glöckchen, glücksbringende Wirkung. Die gezeigte Rassel ist nach 1884 in Deutschland gefertigt worden. Sie ist mit Glöckchen und Pfeifchen versehen und mit Rocaille-Ornamenten im Geschmack des Historismus verziert.
Bis um 1850 stellte ein Silberschmied solch aufwendige Rasseln von Hand her. Erst danach wurde das Metall maschinell gepresst, wobei die Griffe nach wie vor einzeln gedreht oder geschnitzt wurden. Besonderes Geschick erforderte das Fertigen der Pfeife, mit der viele Rasseln ausgestattet waren. Das Silber musste hier an einzelnen Stellen sehr dünn getrieben werden, um die Töne zu modellieren. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden solch kunstvoll gefertigte Objekte endgültig durch Massenprodukte aus Bakelit, später Plastik, ersetzt. Damit kam auch die arbeitsintensivere Kombination aus Pfeife und Rassel aus der Mode.
Literatur (Auswahl):
Margarete Schilling: Glocken: Gestalt, Klang und Zier, München 1988.
Ingrid Schäfer: Klingendes Spielzeug. Kinderrasseln aus aller Welt, Duisburg 1991.